Das Spiel mit Blende und Zeit
Nicht nur die Programmautomatik, sondern vor allem die zahlreichen Motivprogramme
moderner Kameras, sollen den Fotografen in Sicherheit wiegen schwierige
Situation stets zu meistern. Jede dieser Automatiken basiert auf Erfahrungswerten,
doch leider wird ein Automatikfotograf diese Erfahrungen nie selbst sammeln,
wenn er sich stets auf die Kameraautomatik verlässt.
Machen wir uns doch mal ein paar Gedanken, warum z.B. in der Sportfotografie
kürzere Verschlusszeiten eine große Rolle spielen und bei Produktfotos
oft mit Blende 16 fotografiert wird.
Grundprinzip der Belichtung
Egal ob Film oder CCD, je mehr Licht durch das Objektiv einfällt,
desto heller wird das Bild. Die Kamera hat zwei Möglichkeiten den
Lichteinfall zu regulieren.
1) Durch die Größe der Blendenöffnung, also die Wahl
ob mit Blende 2,8 ~ 4 ~ 5,6 oder gar 45 belichtet wird.
2) Durch die Verschlusszeit, die von 1/16.000 Sekunde bis zu mehreren
Minuten dauern kann.
Oberstes Ziel dabei ist die korrekte Belichtung des Fotos, wobei korrekt
sich auf Natürlichkeit bezieht, also möglichst so, wie das menschliche
Auge die Umgebung wahrgenommen hätte.
Durch Variationen von Blende und Zeit können völlig unterschiedliche
Ergebnisse erzielt werden. Diese Ergebnisse sind aber nicht direkt bewertbar.
Vielmehr ist es Geschmacksache, der Anreiz zum Nachdenken oder eine Irritation,
die den Menschen veranlassen ein Bild interessant zu finden, vor allem
dann, wenn es von der menschlichen Sichtweise abweicht.
Um das Arbeitsprinzip zu erklären bleiben wir aber bei dem Wunsch
das Bild möglichst realistisch zu verewigen.
Die richtige
Verschlusszeit wählen
Je schneller sich Objekte bewegen, desto schneller muss belichtet werden.
Aus der Sportfotografie kennen wir Bilder auf denen der Fußballer
regelrecht in der Luft "steht" und gerade mal der Ball, der
mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Tor fliegt, eine sogenannte Bewegungsunschärfe
aufweist. Ähnlich ist die Situation auf dem Foto rechts. Die guten
Lichtverhältnisse erlaubten eine Belichtungszeit von 1/200 Sekunde
bei Blende 4,8.
Auf dem
linken Bild waren die Lichtverhältnisse wesentlich schlechter. Das
37-370mm Objektiv war zwar mit Blende 2,8 - 3,2 relativ lichtstark, trotzdem
belichtete die Kamera (hier eine Olympus E-100RS) mit 1/50 Sekunde, da
der schattige Wald eben recht dunkel war. Der Bildstabilisator nützt
in dieser Situation gar nichts, da er bestenfalls auf Handverwackler reagiert
hätte, nicht aber auf die Bewegung des laufenden Kindes und das Mitziehen
der Kamera.
Problem: Schlechtes Licht + schnelle Bewegung. Was können wir tun,
um trotzdem brauchbare Bilder zu schießen?
Die teuerste Lösung wäre der Wechsel zur Profiausrüstung
mit sehr lichtstarken Objektiven. Aber selbst diese Kameras / Objektive
stoßen irgendwann an ihre Grenzen. Außerdem sind sie ausgesprochen
teuer, mehrere Tausend Euro sind ganz leicht auszugeben. Also bleiben
wir realistisch und nutzen die Möglichkeiten, die uns die Digitalfotografie
bietet. - Unser Ziel ist, die Belichtungszeit zu verkürzen, egal
wie.
Maßnahmen: |
Auswirkungen auf die Bildqualität: |
Die Blende so weit öffnen, wie nur möglich. |
Die Bildqualität wird unwesentlich beeinträchtigt.
Einziger Nachteil ist eine geringe Schärfentiefe, die bei Weitwinkelaufnahmen
kaum, bei Teleaufnahmen hingegen deutlich sichtbar ist. |
Die Lichtempfindlichkeit erhöhen, z.B. von ISO
100 auf ISO 200 / 400 / 800 / 1600 wechseln. |
Je höher die Lichtempfindlichkeit, desto größer
die Bildkörnung. Es entsteht ein mehr oder minder deutliches
Farbrauschen, das je nach CCD-Güte unterschiedliche Bildqualität
liefert. Wer diese Variante der "Aufhellung" bei gleicher
Belichtungszeit wählt, sollte die Leitungsgrenzen der Kamera
kennen. |
Mit einer festen Zeit fotografieren, z.B.
statt mit 1/50 Sek. mit 1/125 Sekunde. |
Das Bild ist unterbelichtet und muss mit einer Bildbearbeitung
"aufgehellt" werden. Wie das geht,
können Sie hier nachlesen. |
Halten wir bis hierhin folgendes fest:
1 - Eine lange Belichtungszeit ist ungeeignet für schnelle Bewegungen.
2 - Unter 1/60 Sekunde können sich obendrein leicht Handverwackler
einschleichen, bei Teleaufnahmen schon ab 1/125 Sekunde.
3 - Bildstabilisatoren können Verwackler kompensieren, schnelle Bewegungen
der anvisierten Objekte aber nicht beeinflussen.
4 - Da eine etwaige Unterbelichtung relativ einfach zu beheben ist, lieber
unterbelichten, als Verwackler riskieren.
5 - Die Gammakorrektur ist ein sehr komfortables Hilfsmittel in diversen
Bildbearbeitungsprogrammen.
Die richtige Blende wählen.
Unabhängig davon, dass die Blende maßgeblich an der Belichtung
beteiligt ist, Blende weit offen = viel Licht fällt ein ~ Blende
eng geschlossen = wenig Licht fällt ein, dient sie dem Fotografen
zum variieren der Schärfentiefe.
Generell gilt:
1) Je größer der Blendenwert, desto kleiner die Blende.
2) Je kleiner die Blende, desto größer die Schärfentiefe.
Doch wozu dient Schärfentiefe?
Wie so oft in der Fotografie ist die eine Hälfte Geschmacksache,
die andere Hälfte Notwendigkeit.
Bei Porträtaufnahmen
wünscht man sich oft einen unscharfen Hintergrund, um die Person
besonders hervorzuheben. Dieser Effekt ist besonders leicht zu erreichen,
indem eine große Blende (z.B. 2,8) und eine Brennweite größer
70mm gewählt wird
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Zum Vergleich
(rechts) eine Porträtaufnahme, die mit einer relativ kleine
Blende 5,6 und einer Brennweite von 38mm aufgenommen wurde.
Wie schon angedeutet: Geschmacksache!
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Notwendigkeit
könnte man bei diesem Bild unterstellen. |
Die Schärfentiefe ist besonders wichtig in der Produktfotografie. Hierzu
werden spezielle Objektive verwendet, die in der Lage sind, ab 10cm bis
unendlich alles scharf darzustellen. Die Objektive konventioneller Digitalkameras
können das nicht, bzw. nur eingeschränkt, z.B. das Fixfokusobjektiv
der Fuji 1300 oder Fuji 2300.
Wer ein Produktfoto für ebay erstellen möchte, sollte eine
kleine Blende ab 5,6 und eine Brennweite ab 50mm wählen. Benötigt
wird dann allerdings viel Licht. Versuche mit dem Blitz sind genau so
sinnvoll, wie die Nutzung des Tageslichtes, ggf. unter Verwendung eines
Stativs. Probieren Sie einfach mehrere Einstellungen aus, denn wie unterschiedlich
die Ergebnisse sein können, zeigen diese Bilder:
Tageslicht: Blende 5,6 und 1/30 Sek mit Stativ.
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Blitzlichtaufnahme: Blende 11 und 1/125 Sek.
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Hauptsache ein Bild... wird schon jemand kaufen :-)
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Um die Größe des Gegenstandes zu demonstrieren, sind
auch solche Aufnahmen ganz witzig: In den Mittagshimmel gehalten
und mit Blende 5,6 und 1/500 Sek. geblitzt.
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Der Profi macht Produktfotos, indem er das Objekt in einem Lichtzelt
platziert und mit Blende 8 oder kleiner und Licht aus mindestens
2 Richtungen fotografiert. Das Objekt auf einem weißen Blatt
Papier aufgenommen bringt ähnliche Ergebnisse, man sollte aber
in einem Bildbearbeitungsprogramm die Schlagschatten entfernen.
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Auch hier noch einmal ein paar Merksätze und ein Schaubild dazu:
1 - Offene Blende = wenig Schärfentiefe.
2 - Geschlossene Blende = viel Schärfentiefe.
3 - Bei großer Brennweite ist Schärfentiefe nur über eine kleine
Blende machbar.
4 - Bei Weitwinkelaufnahmen ist die Blende für die Schärfentiefe
nicht so wichtig.
5 - Vorsicht bei schlechtem Licht und kleiner Blende. Verwackler häufen
sich, da die Belichtungszeit zu lange dauert.
Offene Blende z.B. 1,8
Im Fokus (Brennpunkt), wo die Linien sich kreuzen, ist zwar alles
scharf, kurz davor und dahinter beginnt aber schon der sogenannte
Unschärfekreis.
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Geschlossene Blende z.B. 11
Wo die Schärfentiefe endet, beginnt der Unschärfekreis,
ab dort wird es langsam steigend undeutlich. |
Wer jetzt völlig irritiert ist, darf die Kamera wieder auf "AUTO"
schalten, allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Ausprobieren.
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